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Besichtigung Justiz- und Vollzugsanstalt Lenzburg
Donnerstag, 21.03.2024

Freiwillig ins Gefängnis

 

(sw) Beim Frauenbund Döttingen stand der Besuch der Justizvollzugsanstalt Lenzburg auf dem Programm. Nach der Eingangskontrolle und wertvollen Hinweisen bezüglich des Verhaltens innerhalb der Einrichtung lauschten die 30 Teilnehmenden einem packenden Referat, dem ein Rundgang folgte.

 

In der 1864 eröffneten, in Form eines fünfstrahligen Sterns erbauten Anstalt sowie im 2011 errichteten Zentralgefängnis sind 363 Haftplätze verfügbar, davon 221 im geschlossenen Vollzug. Die restlichen 142 Plätze stehen für Untersuchungshaft, Halbgefangenschaft sowie Kurzstrafen für Jugendliche, Frauen und Männer zur Verfügung. Überwacht, betreut und begleitet werden all diese Menschen von rund 280 Mitarbeitenden.

Rund die Hälfte davon sind Vollzugsangestellte des Sicherheitsdienstes, die täglich situativ richtig entscheiden und schnell handeln müssen, um Ruhe, Ordnung und letztendlich Sicherheit für alle zu gewährleisten. Sie verbringen ihre ganze Arbeitszeit mit Gefangenen, deren Sprache und Mentalität ihnen fremd sind, mit Menschen, die psychisch angeschlagen sind, aber auch mit ganz verschiedenen Straftätern. Kaum eine andere Institution oder Organisation muss Personen mit derart unterschiedlichen Charakteren, Lebensgewohnheiten und Veranlagungen zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen.

 

Worin besteht denn die eigentliche Bestrafung?

Sie manifestiert sich einzig und allein im Freiheitsentzug. Und trotz allem hat auch ein Gefangener das Recht auf ein möglichst „normales“ Leben innerhalb der Gefängnismauern. Die personen-, risiko- und zielorientierten Vollzugspläne legen fest, in welchem Masse der Arbeitspflicht oder einer geführten Aktivität nachzugehen ist oder ob zum Beispiel ein Besuch von Angehörigen stattgegeben werden kann.

Die komplexen Betriebsabläufe kann man nur erahnen, gerade auch hinsichtlich des Rechts auf einen Mindestaufenthalt von einer Stunde ausserhalb der Zelle. Man darf nicht vergessen, dass der Gefangene trotz seiner Tat ein Mensch ist. Ein Statement, das während der Führung seitens der Vollzugsbeamten bei ihren Schilderungen immer wieder betont wurde.

Emotional bewegt hat einen sicherlich auch die Schilderung des Alltags im Hochsicherheitstrakt, was eine besonders intensive Betreuung der Gefangenen mit sich bringt. Eine Herausforderung, vor der man nur den Hut ziehen kann.

Staunen lässt einen auch die sich innerhalb des Areals befindende Vielfalt an Gewerben:

Bäckerei, Buchbinderei/Kartonage, Druckerei,  Glätterei/Näherei, Joghurterie, Küche, Landwirtschaft, Korberei/Stuhlflechterei, Malerei/Ablaugerei/Spritzwerk, Schlosserei/Metallgewerbe, Schreinerei, Wäscherei sowie die WISA-GLORIA-Klinik .

 

Resozialisierung

Die JVA sieht ihre Hauptaufgabe darin, dem Gefangenen zu einem künftig eigenverantwortlichen Lebensweg zu verhelfen, auf dem er die Rechte und die Würde seiner Mitmenschen achtet und respektiert. Dazu gehören unter anderem die intensive Auseinandersetzung mit der Tat und der Opferproblematik sowie die Entwicklung von Strategien zur Rückfallprävention. Die diesbezüglichen Anstrengungen sind gross, doch sie greifen nur, wenn die Gefangenen zur aktiven Zusammenarbeit bereit sind.

Ein wesentlicher Bestandteil der Wiedereingliederungsbemühungen ist das Freizeitangebot. Diesem liegt der Gedanke zugrunde, dass Delikte (häufig) in der „freien Zeit“ begangen werden. Wird also eine sinnvolle Freizeitgestaltung Teil des Alltags, verringert sich die Rückfallgefahr. Allgemeinbildender Unterricht, Sprachkurse, Basteln, Malen, Informatik, Musik sowie Angebote im Fitness- und Gesundheitssport versuchen, dem Rechnung zu tragen. Es muss aber auch gesagt werden, dass längst nicht alle Gefangenen diese Möglichkeiten beanspruchen beziehungsweise davon profitieren können.

Nach der Besichtigung diverser Gewerbe sowie einer Zelle, die man angesichts des aufkommenden beklemmenden Gefühls gerne wieder verliess, endete die eindrückliche Führung mit einem kleinen Apéro im 5*-Laden, wo auch eigens hergestellte Produkte käuflich zu erwerben sind.

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